Finanzen

Zeitung: Banken setzen Vergütungsregeln nur halbherzig um

Frankfurter Bankenhochhäuser
(Quelle: Moritz Sirowatka, Lizenz: dts-news.de/cc-by)
GDN - Die deutschen Banken setzen die Vorgaben der Finanzaufsicht für die Gestaltung ihrer Bonuszahlungen offenbar nur halbherzig um. Mängel gibt es nach Recherchen der Tageszeitung "Die Welt" vor allem bei den Malus-Regelungen, die dazu führen sollen, dass variable Vergütungen nachträglich gekürzt werden, wenn sich die Geschäfte eines Bankers als verlustträchtig erweisen.
Doch nach Angaben von Personalchefs und Vergütungsexperten sehen sich die meisten Banken gar nicht in der Lage, über mehrere Jahre zu verfolgen, wie sich die Geschäfte eines einzelnen Mitarbeiters entwickeln. Die Folge: Wer um der Rendite willen zu viel Risiko eingeht, muss auch weiterhin nur in den wenigsten Fällen fürchten, dass ihm deshalb später der Bonus gekürzt wird. Dabei schreibt die Institutsvergütungsverordnung eigentlich seit 2010 eine solche nachträgliche Minderung der Vergütung bei systemrelevanten Banken vor. Die Finanzaufsicht BaFin prüft derzeit deren Umsetzung. Die Malus-Regelung soll Banker davon abhalten, sich mit kurzfristig hohen Erträgen ihrer Geschäfte hohe Boni zu sichern, ohne sich darum zu scheren, welche Risiken sie damit für ihr Unternehmen eingehen. Doch den meisten Banken dürfte keine lückenlose Nachbetrachtung der gewährten Boni gelingen, sagen Vergütungsexperten. "Es war an sich ein richtiger Gedanke des Gesetzgebers, die Geschäfte eines Bankers in Positionen, die zur Bonusgewährung geführt haben, über mehrere Jahre zu verfolgen und Boni bei Bedarf nachträglich zu kürzen", sagte Werner Klein, Partner bei der auf Vergütungssysteme spezialisierten Beratungsfirma HKP. "Aber in der Praxis kann das keine Bank leisten." Es sei fast nicht machbar, "die Summe aller Einzelgeschäfte jedes einzelnen Bankers über Jahre zu verfolgen". Diesen Eindruck bestätigt ein Personalverantwortlicher einer Bank, die der Verordnung unterliegt: "Können Sie sich vorstellen, wie viele Geschäfte ein einzelner Wertpapierhändler pro Tag macht", fragt er. Hunderte Transaktionen kämen da zusammen. "Wenn man das aufs Jahr hochrechnet, wird klar: Wir können es gar nicht leisten, Erfolg und Misserfolg all dieser Geschäfte über mehrere Jahre nachzuhalten." Die Banken können sich auf ein Schlupfloch in der Vergütungsverordnung stützen. Das Regelwerk fordert eine individuelle Malus-Regelung für jeden einzelnen Banker nur, "soweit dies nicht mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist". Weil die Banken jedoch den Aufwand sehr wohl für unzumutbar halten, behelfen sie sich mit einer Ersatzlösung: Der Bonus wird dann nachträglich gekürzt, wenn die Bank insgesamt oder aber die jeweilige Sparte in den Folgejahren deutlich weniger Geld verdient. Damit ist womöglich den Buchstaben der Verordnung Genüge getan, nicht aber dem, was die Politik eigentlich damit erreichen wollte. Denn von der Logik, dass es ein Banker am eigenen Portemonnaie zu spüren bekommen soll, wenn sich seine Geschäfte als zu riskant erweisen, bleibt kaum noch etwas übrig. Aus dem Parlament kommt denn auch Kritik: "Ich erwarte, dass den wohlfeilen Worten des Kulturwandels auch Taten folgen und die Vergütungsregeln konsequent umgesetzt werden", sagte Carsten Schneider, Finanzexperte der SPD-Bundestagsfraktion, der "Welt am Sonntag". Er unterstützt weitere Vorgaben, die die Bonuszahlungen einschränken: "Die Politik muss die Vergütungen deckeln, sonst sind einzelne Institute immer erpressbar." Dann könnten begehrte Banker überzogene Boni aushandeln. In der Nacht zum Donnerstag hatten sich EU-Kommission, Parlament und Rat auf neue Vergütungsregeln geeinigt, die die Boni auf maximal das Doppelte des Fixgehalts begrenzen. Malus-Regelungen werden durch die EU-Vorgaben nicht berührt.
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