Finanzen
SZ: Lebensversicherer zahlen zu wenig aus
GDN -
Die deutschen Lebensversicherungen haben nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" vielen ihrer Kunden in den vergangenen Jahren womöglich zu wenig Geld ausgezahlt. Insgesamt gehe es um einen Betrag von bis zu 15,6 Milliarden Euro, der den Kunden vorenthalten worden sei oder noch vorenthalten werde, sagte der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Gerhard Schick, dem Blatt.
Er berief dabei sich auf Zahlen der Bundesregierung zu den Rückstellungen, die die Versicherer für Beitragsrückerstattungen bilden müssen. Wären diese anteilig an die Versicherten ausgeschüttet worden, hätten die Ablaufleistungen nach Schätzung Schicks um bis zu drei Prozent höher ausfallen können. Bestätigen sich die Angaben, wären vielen Betroffenen vier- oder gar fünfstellige Beträge durch die Lappen gegangen. "Die Versicherungen haben ihre Altkunden schlecht behandelt, das muss Konsequenzen haben", sagte Schick. "Man muss den Altkunden schon erklären, wie es dazu kommen konnte, dass ihnen so viel Geld vorenthalten wurde." Der Grünen Politiker warf die Frage auf, warum die Regierung und die Versicherungsaufsicht nicht für eine faire Beteiligung der Kunden an der sogenannten freien Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) gesorgt haben. Außerdem müsse für die Zukunft eine solch faire Beteiligung der Versicherten sichergestellt werden, "damit sich eine solche Angelegenheit nicht wiederholt". Bundestag und Bundesrat verhandeln derzeit darüber, wie angesichts der anhaltend niedrigen Zinsen auf den Finanzmärkten die Existenz der Lebensversicherer gesichert werden kann, ohne die Ansprüche der Kunden allzu sehr zu schmälern. Bisher drehte sich die Debatte vor allem um die Bewertungsreserven der Konzerne, die nach den Plänen der Regierung - und zum Ärger vieler Betroffener - nicht mehr zur Hälfte an die Versicherten ausgeschüttet werden sollen. Nun kommt noch das Problem der RfB hinzu, die als wichtigster Sicherungspuffer der Branche gilt. Die Schwierigkeiten gehen auf eine Gesetzesänderung zurück, die 1994 in Kraft trat und die Branche von vielen Regularien befreite. Aus Sorge, dass die freier agierenden Unternehmen zu große Risiken eingehen könnten, wurde die freie RfB der Altkunden durch eine Art Brandmauer von der RfB der Neukunden geschützt. Die alte Rückstellung darf seither nur den Altkunden zu Gute kommen, für neue Kunden muss eine neue angespart werden. Anstatt jedoch ausscheidenden Kunden die alte RfB anteilig auszuzahlen, wurde diese den Angaben zufolge gehortet. So kommt die Summe von 15,6 Milliarden zustande. Gleichzeitig bauten die Konzerne nur 5,2 Milliarden Euro an neuer RfB auf, weil dieser Aufbau Rendite kostet. Um die Versicherer zu stärken, will die Regierung ihnen nun erlauben, die beiden Töpfe teilweise miteinander zu verschmelzen. Schick hält das zwar generell für richtig, wehrt sich aber gegen die Art und Weise. Er fürchtet, dass sich die Konzerne Töpfe schaffen, die praktisch nie ausgeschüttet werden müssen, sondern fast wie Eigenkapital wirken und damit theoretisch sogar höhere Ausschüttungen an die Aktionäre zulassen. "Eigentumsrechtlich stehen nach dem Regierungsvorschlag die Gelder zwar dann den Versicherten zu", sagte der Grünen-Finanzexperte. "De facto aber werden sie großteils als Eigenmittel eingestuft, an die die Kunden nicht herankommen."
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