Finanzen
EU-Kommission: Finanzbranche soll 30 Milliarden zahlen
GDN -
Ein Großteil der europäischen Banken, Versicherungen und Investmentfonds soll sich von 2014 an mit jährlichen Steuerzahlungen von geschätzt 31 bis 35 Milliarden Euro an den Folgekosten der von ihnen verschuldeten Finanzkrise beteiligen. Das geht aus dem überarbeiteten Gesetzentwurf zur Einführung einer Finanztransaktionsteuer hervor, den die Europäische Kommission am Donnerstag vorstellen will.
Er liegt der "Süddeutschen Zeitung" vor. Die Steuer soll zunächst in elf Ländern erhoben werden, darunter in Deutschland. Den übrigen 16 EU-Staaten ist freigestellt, sie nachträglich einzuführen. Konkret schlägt die Kommission vor, eine Mindeststeuer auf den Verkauf verschiedener Finanzprodukte zu erheben, darunter Aktien, verbriefte Wertpapiere und Termingeschäfte, sogenannte Derivate. Die Steuer wird fällig, sobald entweder der Käufer oder der Verkäufer des Papiers direkt oder indirekt aus einem der elf Teilnehmerländer kommt. Handelt eine britische Bank etwa im Auftrag von Volkswagen Aktien in London, würde die Steuer fällig - und von Deutschland erhoben. Um Schlupflöcher zu schließen, sollen zudem alle Produkte besteuert werden, die in einem der elf Länder kreiert wurden. Verkauft eine chinesische Bank in Singapur einem US-Institut eine französische Staatsanleihe, muss sie dafür Steuern nach Paris überweisen. Keine Steuer wird dagegen fällig bei der Ausgabe neuer Staatsanleihen, bei krisenbedingten Aufkäufen solcher Papiere durch eine Notenbank oder den Euro-Rettungsfonds ESM, bei Geschäften von Kleinanlegern sowie auf Kreditkartenumsätze. Auch Geschäfte der Europäischen Zentralbank sind ausgenommen. Ausdrücklich weist die Kommission darauf hin, dass die Steuer Finanzdienstleistungen sicherer machen und den Rückfall in eine Zockermentalität verhindern soll. Aus der Behörde verlautete, dass es an den elf Staaten allein liege, wie schnell die Steuer eingeführt werde. Sie müssen die Steuer einstimmig beschließen. Der angepeilte Termin 1. Januar 2014 sei bei gutem Willen "ohne Schwierigkeiten machbar". Rückenwind kommt aus dem Europäischen Parlament. Das darf zwar laut EU-Verträgen nicht mitentscheiden. Die Volksvertreter haben jedoch vorsorglich eine positive Resolution verabschiedet. In Berlin ist man hingegen beim Blick auf den Zeitplan vorsichtig. In Regierungskreisen wird darauf verwiesen, dass noch jede Menge Details offen seien. So sei beispielsweise völlig unklar, wie eine Besteuerung von Geschäften, die außerhalb Europas stattfinden, technisch vonstatten gehen könnte. Auch müsse die EU-Richtlinie von Bundestag und Bundesrat noch in deutsches Recht umgesetzt werden - und das in einem Bundestagswahljahr. Die Steuer einführen wollen Deutschland, Frankreich, Belgien, Estland, Griechenland, Spanien, Italien, Österreich, Portugal, Slowenien und die Slowakei. Die Niederlande, Litauen und Dänemark haben sich noch nicht entschieden. Auch Zypern könnte mitziehen - die SPD knüpft daran ihre Zustimmung zu Finanzhilfen für das von der Pleite bedrohte Land. Ein britischer Diplomat bekräftigte dagegen, sein Land werde sich einer nur auf Europa begrenzten Steuer nicht anschließen. Man werde im Gegenteil sorgfältig prüfen, ob die vorgeschlagene Steuer die Regeln des Binnenmarktes verletze - und, falls nötig, Nachbesserungen verlangen. Die Steuer insgesamt blockieren können die Briten allerdings nicht mehr.
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