Finanzen
Ökonomen streiten über Wirkung der EZB-Beschlüsse
GDN -
Über die Wirkung des Antikrisenpakets der Europäischen Zentralbank (EZB) ist unter Ökonomen ein heftiger Streit entbrannt: Der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, verteidigte die EZB-Niedrigzinspolitik mit dem Hinweis, dass der rigide Sparkurs der Euro-Länder "nicht etwa, wie beabsichtigt, die Schuldenstände gesenkt, sondern erhöht" habe, weil die betroffenen Länder in teilweise "dramatische Krisen" gestürzt wurden. Zwar scheine jetzt ein Bodensatz erreicht, aber mit dem zu erwartenden minimalen Wachstum lasse sich eine Umkehr in der Schuldenentwicklung nicht erzielen, sagte Horn "Handelsblatt-Online".
Aus diesem Grund müsse ein "Strategiewechsel" eingeleitet werden, sagte Horn weiter. Der erfordere neben niedrigen Zinsen, "die das Investieren und Konsumieren billig machen, auch investive Impulse seitens der Finanzpolitik, um ein hinreichend hohes Wachstum zu erzeugen". All dies seien Anreize zu mehr Ausgaben und nicht zu mehr Sparen, was ein weiteres Argument für niedrige Zinsen sei. "Die Interessen der Sparer", so Horn, "sind eben derzeit nicht die gesamtwirtschaftlichen Interessen des Euro-Raums." Der IMK-Chef glaubt denn auch, dass die wirtschaftliche Lage im Euro-Raum "auf längere Sicht extrem niedrige Zinsen" erfordere: "Sie sind gleichsam das Denkmal einer gescheiterten Austeritätspolitik." Widerspruch kommt vom Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer. "Die Nullzinspolitik der EZB ist das Denkmal eines Reformunwillens in Teilen der Krisenländer, insbesondere in Italien", sagte Krämer "Handelsblatt-Online". Er erinnerte daran, dass in den Krisenländern des Südens eine Schuldenblase geplatzt sei. Konsumenten und Unternehmen müssten sich daher beim Ausgeben zurückhalten, um ihre während der Boomjahre zu stark gestiegenen Schulden abzubauen. "Diese Bilanzreparatur dauert erfahrungsgemäß einige Jahre und geht unvermeidlich mit starken wirtschaftlichen Problemen einher", sagte der Volkswirt. Daran ändern nach Einschätzung Krämers auch die EZB-Beschlüsse nichts. "Niemand, der zu hoch verschuldet ist, lässt sich durch niedrige Zinsen oder ein staatliches Konjunkturprogramm dazu verführen, mehr Geld auszugeben und die Konjunktur anzukurbeln", sagte er. "Weder eine expansive Geldpolitik, noch Konjunkturprogramme wirken in einer solchen Situation nachhaltig." Krämer warnte, dass dadurch allenfalls ein "kurzfristiges Strohfeuer" entfacht werden könne, an dessen Ende die Staaten noch höher verschuldet seien als zuvor. "Konjunkturprogramme auf Pump sind das letzte, was die hochverschuldeten Krisenländer brauchen", betonte der Commerzbank-Chefvolkswirt. "Stattdessen brauchen sie mutige Reformen, wie sie beispielsweise Spanien am Arbeitsmarkt ergriffen hat. Das schlägt sich dort bereits in steigenden Weltmarktanteilen nieder."
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