Finanzen
Wieland: Bankenunion löst die akuten Probleme nicht
GDN -
Der künftige Wirtschaftsweise Volker Wieland hat davor gewarnt, in der Bankenunion eine Lösung für die akuten Probleme in der Euro-Zone zu sehen. "Wer eine Bankenunion fordert, um die Krise zu beenden, der will bereits aufgelaufene Verluste verteilen", sagte er im Interview mit dem "Handelsblatt" (Freitagausgabe).
Dann lägen Haftung und Kontrolle nicht mehr in derselben Hand. So schaffe man keine Stabilität. "Wer die Altlasten, die aus Übertreibungen am Immobilienmarkt und mangelnder Aufsicht in einzelnen Ländern resultieren, vergemeinschaften will, reizt damit wieder zu zukünftigen Übertreibungen an", warnte Wieland. "Ziel der Bankenunion sollte es sein, mit gemeinsamen Regeln, einer unabhängigen Aufsicht und eines adäquaten Restrukturierungs- und Abwicklungsregimes Bankenkrisen in Zukunft zu vermeiden oder zumindest besser zu verarbeiten", sagte der Frankfurter Ökonom. Wieland soll im März 2013 in den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung einziehen. Der Experte für Geldpolitik war Berater der Europäischen Zentralbank (EZB). Im "Handelsblatt"-Interview warnte er vor der Gefahr, dass die europäische Notenbank in Interessenkonflikte geraten könne, wenn sie die europäische Bankenaufsicht übernehmen würde. "Das wäre nicht die ideale Lösung", sagte er. Es bestehe die Versuchung, notwendige geldpolitische Entscheidungen hinauszuzögern, um Probleme für die Banken und damit Handlungsbedarf für die Aufsicht zu vermeiden. Die EZB und die europäische Aufsichtsbehörde müssten "zwei strikt voneinander unabhängige Institutionen werden, die in engem Austausch stehen". Es müsse sichergestellt werden, dass beide Institutionen unabhängig voneinander agieren – unter anderem dadurch, dass der Aufsichtschef kein Mitglied des EZB-Direktoriums ist. Die EZB müsse transparenter agieren und Abstimmungsergebnisse und Sitzungsprotokolle veröffentlichen, forderte Notenbank-Experte Wieland. "Schließlich trifft die EZB inzwischen Maßnahmen, die nicht nur auf die durchschnittliche Preisstabilität in der Euro-Zone ausgerichtet sind, sondern die Finanzierungskosten ausgewählter Staaten verbessern, etwa indem sie deren Anleihen kauft", kritisierte er. "Es liegt im Eigeninteresse der EZB, durch größere Transparenz nachzuweisen, dass Ihre Entscheidungen das Wohl des gesamten Währungsraumes und nicht einzelne Länderinteressen verfolgen", sagte er dem "Handelsblatt".
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