Finanzen
Studie: Ostdeutsche Frauen gehen am frühesten in Rente
GDN -
Ostdeutsche Frauen gehen am frühesten in Rente. Das zeigt der neue "Altersübergangsreport" des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen, der der "Welt" vorliegt.
Nach wie vor gibt es beim Renteneintritt Unterschiede zwischen Ost und West, zeigt die Studie der Autoren Martin Brussig und Sarah Mümken: im Westen gehen Männer im Schnitt mit 63,9 Jahren in Rente, im Osten ein ganzes Jahr früher. Bei den Frauen ist der Unterschied noch größer: im Westen gehen sie im Schnitt mit 63,6 Jahren in den Ruhestand, im Osten mit 61,9 Jahren. Die Daten stammen aus dem Jahr 2010, es sind die neuesten verfügbaren regionalen Daten. Auf den ersten Blick, so die Forscher, scheinen die höheren Arbeitslosenquoten im Osten der Grund für die frühere Verrentung dort zu sein. Wer arbeitslos ist, muss schließlich automatisch mit 63 mit Abschlägen in Rente gehen. Doch die ostdeutschen Frauen gehen nicht etwa am frühesten von allen in den Ruhestand, weil sie keine Arbeit haben, sondern gerade weil sie oft lange erwerbstätig waren und sich so im Jahr 2010 noch häufig für die Altersrente für Frauen ab 60 Jahren mit Abschlägen qualifizierten - und sich das leisten konnten. Spitzenreiter waren hier die Frauen aus Nord- und Südthüringen, Südsachsen und der Mecklenburgischen Seenplatte: Sie gingen schon mit 61,5 Jahren in den Ruhestand. Über die Hälfte der ostdeutschen Frauen, die 2010 in Rente eintraten, qualifizierten sich für die Rente mit 60. Im Westen dagegen waren Frauen seltener oder kürzer erwerbstätig - nur ein Viertel erfüllte die Bedingung für die Rente mit 60. Dazu musste man mindestens 15 Jahre sozialversichert gewesen sein und nach Vollendung des 40. Lebensjahres noch mehr als zehn Jahre Pflichtbeiträge in die Rentenkasse gezahlt haben. In Osnabrück war das Renteneintrittsalter für Frauen mit 63,7 Jahren am höchsten. Unter den Männern können die frühesten Renteneintritte der Studie zufolge sowohl im Osten als auch im Westen beobachtet werden. Im Raum Braunschweig und Ingolstadt, aber auch in der Region Mecklenburgische Seenplatte, gingen die Männer bereits mit 62,7 Jahren in Rente. Im Osten dürfte das tatsächlich mit der hohen Arbeitslosigkeit zu tun haben, schreiben die Wissenschaftler. Die westdeutschen Regionen mit frühen männlichen Renteneintritten sind jedoch häufig von großindustriellen Strukturen geprägt - dort sind tarifliche Regelungen zur Altersteilzeit weit verbreitet. Die höchsten Renteneintrittsalter finden sich bei den Männern ebenfalls im Westen: in Hamburg sind die Männer mit 64,1 Jahren am ältesten. Die Studie warf einen besonderen Blick auf die älteren Arbeitslosen: Für sie ist dem IAQ zufolge der Wohnort wichtig: Leben sie in einer Region mit hoher Arbeitslosigkeit, werden sie weniger intensiv von der Arbeitsagentur gefördert. Die älteren Arbeitslosen werden insgesamt zwar intensiver einbezogen als es in der Vergangenheit der Fall war. Sie seien aber "in der Tendenz noch immer in den Regionen benachteiligt, wo die Arbeitslosigkeit insgesamt hoch ist", sagt Brussig. In diesen Regionen müssten sich Ältere "also offenbar nicht nur einer schlechteren Arbeitsmarktlage stellen, sondern auch ihre Chancen, bei der Suche nach Arbeit unterstützt zu werden, fallen schlechter aus", so Brussig. Das IAQ fordert deshalb eine "gezielte und effektive Förderung", damit die regionalen Benachteiligungen nicht "weiter verschärft" werden. Jüngere könnten leichter wegziehen, während Ältere stärker an ihren Wohnort gebunden seien. Annelie Buntenbach, DGB-Vorstandsmitglied, fordert von der Regierung, den Renteneintritt wieder flexibler zu gestalten: "Der Altersübergangsreport zeigt, dass die Chancen, ob jemand aus Beschäftigung in Rente gehen kann, oft schlecht sind, sehr ungleich verteilt und stark vom Arbeitsmarkt abhängig." Noch immer schafften viele den Übergang vom Erwerbsleben in die Rente "nicht ohne einen Absturz". Es brauche bessere Hilfen, damit "die ganze Lebensleistung nicht kurz vor der Rente noch durch Hartz IV zunichte gemacht wird."
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