Finanzen
Exportüberschuss: Finanzexperten sehen EU-Kritik gerechtfertigt
GDN -
Manche Finanzexperten halten die EU-Untersuchung des deutschen Leistungsbilanzüberschusses für gerechtfertigt. Denn die hohe Differenz aus Ex- und Importen sei nicht nur ein Ausdruck von Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch einer anhaltenden Investitionsschwäche.
"Die deutsche Binnennachfrage ist vor allem aufgrund zu geringer privater und öffentlicher Investitionen schwach", sagte Jörg Asmussen, Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), der "Welt am Sonntag". "Ein Leistungsbilanzüberschuss per se sagt nichts über Exportstärke eines Landes aus", ergänzt Daniel Gros, Direktor des Centre for European Policy Studies (CEPS). Der hohe Leistungsbilanzüberschuss Deutschlands "spiegelt vor allem eine hohe Sparquote und niedrige Investitionen wider", meint auch Gros. Die EU hatte in dieser Woche bei der Vorstellung ihres Wachstumsberichts eine "vertiefte Analyse" der anhaltend hohen Leistungsbilanzüberschüsse Deutschlands angekündigt. Dies hatte in Deutschland zu heftigen Protesten geführt. Vor der EU hatten bereits Frankreich, die USA sowie der Internationale Währungsfonds (IWF) Deutschland für seinen hohen Handelsüberschuss kritisiert. Asmussen hält die Kritik des Auslands für "teilweise berechtigt, teilweise nicht". Die Exporte seien hoch, weil deutsche Unternehmen wettbewerbsfähige Produkte anböten, die auf Weltmärkten nachgefragt werden. "Von diesen Exporten profitieren unsere europäischen Nachbarn, die Vorprodukte liefern, wie zum Beispiel Polen oder die Slowakei", so Asmussen. Richtig sei aber auch, "dass die Binnennachfrage stärker sein könnte, vor allem die Investitionen. Eine Steigerung der Zukunftsinvestitionen zu Lasten des Gegenwartskonsums ist deshalb auch eine Frage der Generationengerechtigkeit", so Asmussen. Durch den hohen Leistungsbilanzüberschuss ist in den vergangenen Jahren viel Geld aus Deutschland ins Ausland abgeflossen. Viele Anleger haben sich dabei die Finger verbrannt. "Ich schätze, dass die Deutschen seit 2001 ein Vermögen von rund einer Billion Euro im Ausland aufgebaut haben, das im Feuer steht", sagte der Leipziger Wirtschaftsprofessor Gunther Schnabl der "Welt am Sonntag". "Ein Teil der Verluste wurde bereits realisiert, der andere Teil wird noch folgen." Die Verluste resultierten aus Fehlinvestitionen und Niedrigzinsen.
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