Finanzen
Ökonomen warnen vor Kurswechsel bei EU-Sparpolitik
GDN -
Führende Ökonomen in Deutschland haben die jüngste Äußerung von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso kritisiert, wonach die Sparpolitik in Europa ein Ende haben müsse. "Bedenklich wird es, wenn durch Äußerungen wie die von Barroso die Erwartung eines Strategiewechsels begründet wird. Insofern sind die Bemerkungen des Kommissionpräsidenten bedenklich", sagte der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, "Handelsblatt-Online".
Auch der Konjunkturchef des Münchner Ifo-Instituts, Kai Carstensen, warnte vor einer Lockerung der Konsolidierungsmaßnahmen und Reformbemühungen in den Euro-Krisenländern. "Wer mehr Neuverschuldung in Europa erlauben will, muss gleichzeitig sagen, wer das finanzieren soll. Die Finanzmärkte sind eher zurückhaltend", sagte Carstensen "Handelsblatt-Online". Eine Abkehr von der Konsolidierung könne diese Zurückhaltung noch verstärken, es sei denn, die Europäische Zentralbank (EZB) erneuere ihre "Kaufgarantie" für Staatsanleihen auch für diesen Fall. Alternativ müsste der Euro-Rettungsschirm ESM einspringen. "Beides ist abzulehnen." Außerdem bedeutet aus Carstensens Sicht eine Verringerung des Konsolidierungsdrucks auch, dass strukturelle Reformen im Staatssektor, etwa der Umfang der öffentlichen Beschäftigung, einmal mehr auf die lange Bank geschoben würden. Weitere Nachteile einer Lockerung der Konsolidierungsmaßnahmen sieht der Ifo-Experte für die Reformen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Werde die Haushaltsdisziplin bei Schwierigkeiten aufgeweicht, würden den neuen Regeln "die vielversprochenen Zähne gleich gezogen", warnte Carstensen. IW-Chef Hüther räumte ein, dass Haushaltskonsolidierung und Wiedergewinnung der Wettbewerbsfähigkeit "verständlicherweise" die Geduld der Betroffenen und der Politik überfordere. Das Dilemma sei allerdings nicht einfach aufzulösen. Denn viele Studien zeigten, dass eine beherzte Haushaltskonsolidierung zugleich eine wichtige Voraussetzung für die Stärkung der Wachstumskraft sei. "Kombiniert mit der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit wird so ein Fundament für eine neue Dynamik gelegt", erläuterte Hüther. Europa könne in der Übergangsphase helfen. So seien gezielte Maßnahmen wie die Kooperation Deutschlands mit diesen Ländern bei der dualen Berufsausbildung ein wichtiges Signal. Spielraum sieht Hüther auch bei der zeitlichen Streckung der Sparvorhaben.
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