Finanzen
Wirtschaft unterläuft EU-Kontrollen zum Schutz vor Chemikalien
In Alltagsgütern wie Lebensmitteln, Möbeln, Farben, Parfum oder Kinderspielzeug werden demnach Tausende Tonnen von Substanzen verwendet, ohne hinreichend auf Risiken geprüft zu sein. Mindestens ein Drittel aller in Europa produzierten oder nach Europa importierten Chemikalien verstößt nach einer Prüfung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) gegen EU-Auflagen. Das Umweltbundesamt bezeichnet die Ergebnisse am Donnerstag als "sehr besorgniserregend". Schon seit 2010 müssen Unternehmen Substanzen, die sie herstellen oder verwenden, durch die Europäische Chemikalienagentur ECHA registrieren lassen - und dabei genau aufgeschlüsselte Dossiers mit umwelt- und gesundheitsrelevanten Daten und Studien einreichen. Die letzten Fristen dafür liefen Ende Mai aus. Doch die Industrie widersetzt sich der Maßnahme zum Ärger der Behörden in großem Ausmaß. "Viele Firmen haben lückenhafte Daten vorgelegt. Relevante Tests fehlen", sagte Nannett Aust, Leiterin des Fachgebiets Chemikalien beim Umweltbundesamt. Nach Angaben des BfR beziehen sich diese fehlenden Daten und Tests etwa auf die Schädlichkeit für Ungeborene oder auf die Giftigkeit für im Wasser lebende Tiere und Pflanzen. Triftige Gründe dafür, dass die Firmen die geforderten Daten nicht beibringen könnten, gibt es laut BfR nicht. "Umwelt- oder Gesundheitsrisiken durch den Einsatz von Chemikalien lassen sich so nicht ausschließen", so Aust. Damit torpedieren die Unternehmen den Versuch, mehr Schutz für die Bürger zu schaffen und einen bislang weitgehend im Dunkeln agierenden Markt stärker unter Kontrolle zu bringen. Denn Chemikalien mussten bislang nicht zugelassen werden, sie wurden einfach benutzt. Oft wurde erst nach Jahrzehnten des Gebrauchs festgestellt, welche fatalen Wirkungen einige Stoffe haben. Der Kontakt mit giftigen, aber noch nicht überprüften Alltagschemikalien werde für eine Reihe von Umwelt- und Gesundheitsproblemen verantwortlich gemacht, etwa für sinkende Fruchtbarkeit, für Krebs- und andere Erkrankungen, so das Europäische Umweltbüro EEB, das größte Netzwerk europäischer Umweltverbände.
Für den Artikel ist der Verfasser verantwortlich, dem auch das Urheberrecht obliegt. Redaktionelle Inhalte von GDN können auf anderen Webseiten zitiert werden, wenn das Zitat maximal 5% des Gesamt-Textes ausmacht, als solches gekennzeichnet ist und die Quelle benannt (verlinkt) wird.